Die Transformation des öffentlichen Dienstes in Europa
Ziel des Projekts ist die Erstellung eines Handbuchs zum Öffentlichen Dienstrecht in Europa, das auf der Grundlage juristischer Analyse, ergänzt durch Erkenntnisse empirischer Wissenschaften (Verwaltungsmanagement, Politikwissenschaften, Soziologie), in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen EU-Staaten das Recht des öffentlichen Dienstes auch unter rechtsvergleichenden Aspekten aufarbeitet.
Die Erforderlichkeit eines solchen Werks ergibt sich daraus, dass das Recht des öffentlichen Dienstes üblicherweise vor allem auf nationaler Ebene diskutiert wird, dass aber mittlerweile europäische Rechtsnormen und Standards umfangreich auf die nationalen Systeme des öffentlichen Dienstes einwirken und überdies die Wahrnehmung überstaatlicher Aufgaben eine Vereinheitlichung oder zumindest Annäherung der verschiedenen nationalen Rechtsregime erforderlich macht. Dabei verstehen Prof. Sommermann und Prof. Fraenkel-Haeberle als zum öffentlichem Dienst gehörig alle Personen, die für die Exekutive (Regierung und Verwaltung) auf der Grundlage eines besonderen Rechtsverhältnisses oder eines Arbeitsvertrags tätig sind. Die zwei zentralen Forschungsfragen lauten, in welchem Ausmaß europäische Rechtsnormen und/oder konvergente nationale Standards im öffentlichen Dienstrecht existieren und inwieweit relevante bisherige Transformationen des Dienstrechts und sich andeutende Tendenzen für die Zukunft identifiziert werden können.
Veränderungen ergeben sich insbesondere aus der zunehmenden Komplexität öffentlicher Aufgaben, der zunehmenden Geschwindigkeit technischer, ökonomischer und sozialer Entwicklungen sowie aus institutionellen Veränderungen im Mehrebenensystem. Der moderne öffentliche Dienst hat zum Beispiel Fragen der Privatisierung von Infrastruktur zu berücksichtigen, und das nationale Recht des öffentlichen Dienstes wird intensiv durch europäische Rechtsprechung und Rechtsentwicklung beeinflusst, z. B. im Hinblick auf die Dienstverhältnisse und den Status von „civil servants“, ihre Rechte und Verantwortlichkeiten.
Das Handbuch wird so aufgebaut, dass in einem ersten Teil Einfluss und Bedeutung von Transformationen auf ausgewählte nationale europäische Rechtssysteme des öffentlichen Dienstes untersucht werden, während danach in einem zweiten Schritt die Effektivität und der Einfluss der Transformationen auf das Recht des öffentlichen Dienstes in Europa bewertet werden. Kern des ersten Teils werden länderspezifische Berichte sein, daneben wird im ersten Teil auch das Recht des öffentlichen Dienstes der EU behandelt werden. Der zweite Teil wird sich auf der Grundlage rechtsvergleichender Analysen vor allem mit gemeinsamen europäischen Standards für bestimmte Bereiche des öffentlichen Dienstrechts befassen. Im dritten Teil schließlich werden Schlussfolgerungen aus Transformationen und der Europäisierung im Bereich des öffentlichen Dienstes gezogen, insbesondere im Hinblick auf Veränderungen im Verhältnis von Staat und Gesellschaft, einer neuen Konzeptualisierung der öffentlichen Verwaltung und der zunehmenden Integration im europäischen Mehrebenensystem. Dabei werden zukünftige Herausforderungen identifiziert und praktische Empfehlungen formuliert.