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Die Einkommenssituation von Beamtenhaushalten in den unteren Besoldungsgruppen

Laufzeit: 1.10.2020 - 30.06.2023

Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, seinen BeamtInnen ein amtsangemessenes finanzielles Auskommen zu gewährleisten. Dies hat nach herrschender Meinung auch die Familie zu berücksichtigen, für deren Finanzbedarf die Besoldungsordnungen Familienzuschläge enthalten.

Das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten Jahren diese Anforderungen mehrfach konkretisiert. Danach muss die Beamtenbesoldung einen Mindestabstand in Höhe von 15% auf das sozialrechtliche Existenzminimum aufweisen. Zudem wurden Vorgaben für die Berechnung des zugrunde zu legenden Existenzminimums  gemacht. Zuletzt wurde die Besoldungsordnung von Nordrhein-Westfalen wegen zu geringer Familienzuschläge als verfassungswidrig geurteilt (BVerfG: BVerfG: - 2 BvL 6/17 u.a. – v. 4.5.2020).

Das Bundesverfassungsgericht legt bei seinen Kriterien ein Familienmodell zugrunde, welches von einer Einverdienstehe und ohne Berücksichtigung weiterer Sozialleistungen – mit Ausnahme des Kindergelds – ausgeht. Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Haus-halte Wohngeld und andere Sozialleistungen beziehen, dass die (Ehe-)Partnerinnen bzw. Partner ebenfalls erwerbstätig sind, z.T. sogar im öffentlichen Dienst. Für die tatsächliche Einkommenssituation ist auch von Bedeutung, wo die Beamtinnen bzw. Beamten wohnen, ob in den Kernstädten der Agglomerationen, wo Zeitaufwand und Fahrtkosten zum Dienst niedrig sind, oder in kleineren Kommunen des Umlandes mit niedrigeren Wohnkosten, aber hohen Fahrtkosten. Berechnungen für einzelne Bundesländer legen nahe, dass das Abstandsgebot in Ballungsräumen bis zur Besoldungsgruppe A8 den Anforderungen nicht genügen könnten.

Das Projekt hatte zum Ziel, die tatsächliche Einkommenssituation von Beamtinnen bzw. Beamten des einfachen und mittleren Dienstes zu erforschen. Dazu waren

  1. Grundlagen zu erarbeiten, wie diese unter Berücksichtigung von Sozialleistungen, weiteren Einkommensquellen und spezifischer Aufwendungen wie Wohn- und Fahrtkosten, Zuzahlungen und Selbstbehalte bei Krankenkosten etc. systematisch erfasst werden können;
  2. vorhandene Datenquellen (SOEP, EVS, Mikrozensus, aber auch anonymisierte Besoldungsdaten des Bundes und der Länder) daraufhin zu überprüfen, ob sie Daten für die empirische Analyse enthalten und wie sie ggf. zu verknüpfen sind,
  3. repräsentative Haushaltstypen von Beamt*innen des einfachen und mittleren Dienstes zu erarbeiten, die – unter Berücksichtigung der inzwischen sehr unterschiedlichen Besoldungs- und Beihilferegelungen des Bundes und der Länder und der verschiedenen für die Analyse relevanten Teile der regionalen und lokalen Preisniveaus – das Spannungsfeld der Einkommenssituation dieser Haushalte abbilden, und schließlich
  4. diese repräsentativen Modellhaushalte mit den regionalen und lokalen Daten zu füllen.  

Die Analyse soll auch Aufschluss darüber geben, ob und inwieweit das vom Bundesverfassungsgericht unterstellte Haushaltsmodell noch der Lebensrealität der betrachteten Beamtenhaushalte entspricht und wo die „Sollbruchstellen“ liegen. Dabei sind Abweichungen auch im Detail „nach oben“ wie „nach unten“ zu erwarten. Je nach Ergebnis der empirischen Analyse kann sich „Nachjustierungsbedarf“ für die von Karlsruhe spezifizierten Berechnungsmodell des Bundesverfassungsgericht ergeben („Die sich fortlaufend wandelnden tatsächlichen Verhältnisse und die Entwicklung des Sozial- und Steuerrechts bedingen, dass die verfassungsrechtlichen Maßstäbe in ihren Einzelheiten von Zeit zu Zeit neu konkretisiert werden müssen.“ BVerfG: - 2 BvL 6/17 u.a. – v. 4.5.2020, Leitsätze) oder die Notwendigkeit einer „Fortentwicklung“ des Alimentationsprinzips, wie dies Art. 33 Abs. 5 GG ausdrücklich vorsieht.

Kontaktperson:

Porträtfoto von Dr. Silke I. Keil vor blauem Hintergrund
Geschäftsführerin

– Dr. Silke I. Keil

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