Zwischen veränderter Komitologie und Digitaler Agenda: Die supranationale Durchführung von (Zoll)Unionsrecht
Der Fokus des Projekts liegt auf dem supranationalen Vollzug des Unionsrechts. Zentrale Forschungsfrage ist die Auswirkung der Regelsetzungsverfahren für Rechtsakte von der Kommission auf die Rechtswirklichkeit des Vollzugs in der EU. Dies wird vor dem Hintergrund der an sich nationalen Durchführung des Unionsrechts untersucht. Diese ist auch im Zollrecht die Regel, obwohl hier eine besondere Dichte an Unions-Verwaltungsrecht besteht. Das Projekt analysiert die Mechanismen, die zur Ermächtigung der Kommission führen.
Untersucht wird, inwieweit die Nutzung delegierter Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte das Zusammenspiel der Institutionen und der Mitgliedstaaten verändert. Die Möglichkeiten zur Einflussnahme der verschiedenen Akteure, insbesondere der Mitgliedstaaten, wurden durch die Neuerungen des Vertrags von Lissabon berührt. Hierbei ist vor allem das Agieren der Kommission und des EU-Gesetzgebers in dem neuen Komitologie-Mechanismus und der Delegation zu untersuchen mit Blick auf die Auslegung und Anwendung des Artikel 290 AEUV und Artikel 291 AEUV in Verbindung mit VO (EU) Nr. 182/2011.
Für das Zusammenspiel von Institutionen und Mitgliedstaaten spielt außerdem eine wichtige Zielsetzung des Zoll-Verwaltungsrechts eine Rolle; die Einführung von E-Government-Methoden. Der E-Government-Aspekt wird deshalb mit einbezogen, weil die Kommission im Unionszollrecht versucht, einheitliche elektronische Standards für die elektronische Verwaltungsabwicklung in den Mitgliedstaaten vorzugeben und auf diese Weise auch Einfluss nimmt auf den nationalen Vollzug und die verbleibenden Spielräume der Mitgliedstaaten. Dieser Aspekt wird im Projekt ergänzend zur obigen Fragestellung untersucht.
Das Projekt verfolgt rechtsdogmatische und rechtspolitische Forschungsziele. In rechtsdogmatischer Hinsicht erfolgt eine systematische Analyse der europäischen Gesetzgebung im Bereich des Zollrechts im Hinblick auf die Auswirkungen der veränderten Regelsetzung durch die Kommission. Zudem werden die dogmatischen Folgen der Umstellung auf E-Government untersucht und der dahingehenden Rechtsgestaltung durch die Kommission. Das Ergebnis dieser Analyse ermöglicht Schlüsse über die Interaktion zwischen legislativer und exekutiver Rechtssetzung und insbesondere über die Handlungsspielräume der Mitgliedstaaten.
In rechtspolitischer Hinsicht dient die Identifikation und kritische Betrachtung der Mechanismen eines immer intensiveren Einflusses der Kommission dazu, Politik und Gesellschaft insoweit zu sensibilisieren und letztlich in die Lage zu versetzen, auf die weitere Entwicklung des europäischen Verwaltungsrechts einzuwirken.
Projektleiter
Prof. Dr. Wolfgang Weiß
Projektbearbeiterin
Eljalill Tauschinsky